Jagd und Nachhaltigkeit

 

Der zur Zeit vielgebrauchte und leider auch missbrauchte Begriff der Nachhaltigkeit stammt aus den frühen Jahren der Forstwirtschaft. Zu Beginn der Neuzeit, aufgrund einer zunehmenden Verknappung der damals für das überleben der Gesellschaft zentralen Ressource “Holz”, entwickelte sich die Erkenntnis, dass Holz nicht in größerem Umfang genutzt werden darf, als es (lokal) nachwächst.

Der sächsische Berghauptmann Hans von Carlowitz forderte dies in seinem grundlegenden Werk über eine Ökonomie der Waldbewirtschaftung im Jahre 1713. Damit begründete er den Begriff der (ökonomischen) Nachhaltigkeit in der Fachliteratur. Damit wurde aber auch die Keimzelle einer geregelten Forstwirtschaft, wie wir sie heute in Mitteleuropa, aber mittlerweile auch in vielen anderen Teilen der Welt kennen, geschaffen. Im beginnenden 19. Jahrhundert entwickelten sich daraus die ersten wissenschaftlichen Konzepte der Forstwirtschaft, welche mit den Namen der sog. “forstlichen Klassiker” verbunden sind.

Neben Heinrich Cotta, dem Begründer der ersten und ältesten Forstakademie Deutschlands (und der zweiten weltweit) fällt hierbei immer wieder der Name Georg Ludwig Hartig.

In seinem 1811 und 1812 erschienenen zweibändigen Jagdlehrbuch beschäftigt er sich unter anderem mit der Hege des Wildes. “Heege” oder “Wild-Heege” definiert Hartig als “die Schonung und Pflege des Wildes jeder Art”.. Hartig ist somit einer der Begründer wesentlicher Ideen des Artenschutzes und der jagdlichen Nachhaltigkeit zu einer Zeit, als außer den Jägern noch kaum jemand über Naturschutz nachdachte.

Einen weiteren Aufschwung erfuhr der Hegegedanke Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit waren die Wildbestände durch eine massive Übernutzung nach der bürgerlichen Revolution 1848 und später nach dem 1. Weltkrieg massiv zurückgegangen. Das Rotwild beispielsweise stand in Deutschland kurz vor der Ausrottung.

Wieder waren es Jäger und jagdliche Autoren, etwa Ferdinand von Raesfeld (“Die Hege in der freien Wildbahn, 1920), welche dem Artenschutz einen wichtigen Schritt nach vorne ermöglichten: die ersten Artenschutzgesetze waren Jagdgesetze und umgekehrt ist jagdliche Gesetzgebung ursprünglich und in wesentlichen Teilen bis heute Artenschutzgesetzgebung. Durch die Verpflichtung zur Hege wird der Grundeigentümer verpflichtet, die Arten, welche dem Jagdrecht unterliegen, langfristig (nachhaltig) zu schützen und erhalten.

Heute gibt es zahlreiche Definitionen der Nachhaltigkeit, eine der am weitesten verbreiteten ist die sog. Bundtland-Definition. Sie fordert als Voraussetzung für nachhaltiges Handeln die Erfüllung nicht alleine ökonomischer, sondern auch ökologischer und soziokultureller Kriterien.  Die Jagd in Mitteleuropa erfüllt heute diese Kriterien in hohem Maße. Während über die gesetzlichen Regelungen zu Jagd- und Schonzeiten sowie die Bewirtschaftung vieler Arten nach Bejagungsplänen vor allem die ökologischen (Artenschutz!), aber auch ökonomische Anforderungen (Wildpret als nachwachsende hochwertige Nahrungsressource) abgedeckt werden, sind es vor allem die Waidgerechtigkeit (Tierschutz!) und das jagdliche Brauchtum, sowie die Verankerung der Jagd in der ländlichen Bevölkerung, welche die sozio-ökonomischen Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Ein wesentlicher Aspekt der ökonomischen Seite der Nachhaltigkeit der Jagd ist allerdings auch die Tatsache, dass Jagd ihre weitreichenden Dienstleistungen für die Gesellschaft zu nahezu 100% privat finanziert. Beim Naturschutz beispielsweise ist das Verhältnis genau umgekehrt, d.h. hier werden die Aufgaben fast ausschließlich durch den Steuerzahler finanziert.  

Somit ist es an den Jägern und ihren Verbänden, durch vorbildliches Handeln diese erstaunlich guten und absolut zeitgemäßen Voraussetzungen für die Jagd in unserer Gesellschaft weiter auszubauen und in eine breite Öffentlichkeit zu kommunizieren.

Prof. Dr. Dr. Sven Herzog  

TU Dresden (Dozentur für Wildökologie und Jagdwirtschaft )