Die schnelle, erfolgreiche Jagd

Sie ist heute gefragt! Die Zeit ist knapp. Außerdem machen Forst- und Landwirtschaft Druck. Es wird von "überhöhten" Wildbeständen gesprochen. Da gilt es Abschüsse aufzuweisen. Wer dazu bereit ist, hat gute Aussichten, bei der Verpachtung von Revieren berücksichtigt zu werden. Andererseits gibt es Gruppierungen in unserer Gesellschaft, die zurück zur Natur wollen - manchmal ohne zu wissen, was Natur wirklich ist und was das heute bedeuten würde. Illusionen und Ideologien machen ihre Runden. Die Jagdausübung wird für überflüssig gehalten und die Jäger sind dann gerade noch dazu da, den Wildschaden zu begleichen. Haben wir Jäger nicht schon vor der Gesellschaft, vor wirtschaftlichen und zeitlichen Zwängen kapituliert? Mit dem Auto wird bei der Ansitzjagd möglichst bis unter die Kanzel gefahren. Wenn ein Stück gestreckt ist, wird es schnell versorgt und verladen und in die Kühlkammer gebracht. Wie wichtig das ist, haben wir inzwischen bis hin zu skurilen Anweisungen von der EU gelernt. Dann geht es zurück zu anderen Terminen oder Interessen. Bei Gesellschaftsjagden weiß manchmal eine Anzahl von Jägern nicht mehr, wie eine Strecke gelegt wird und wie man sich an der Strecke verhält. Woher auch? In Intensivkursen wird der Jagdschein erworben, denn mehr Zeit ist nicht (was leider viel zu oft auch stimmt!). "Die Jäger brauchen kein jagdliches Lehrjahr mehr zu absolvieren, ihnen wird das für die Jägerprüfung notwendige Wissen in dreiwöchigen Crash-Kursen in kommerziellen Jagdschulen vermittelt. Ob dieses Wissen auch für einen verantwortungsvollen Umgang mit unserem heimischen Wild reicht? - Ich habe da erhebliche Zweifel." (Bernd Krewer in "Leben für Wald und Wild")

Wo bleibt noch die Zeit, sich mit jagdlichem Brauchtum zu beschäftigen? Ist das nicht sowieso überholt, ein alter Zopf? Heute stellen sich andere Anforderungen. Eine noch größere Brisanz hat der Einsatz von Hunden und zwar nach dem Schuss. Es gibt immer wieder passionierte Hundeführer und gut ausgebildete Hunde. Doch kaum jemand fordert sie an, weil keine Zeit mehr für eine Nachsuche ist. Manchmal bleibt dann der Hundeführer am Anschuss vom Schützen seinem Schicksal überlassen. Könnten wir Jäger in unserer Verantwortung für Wild und Natur vielleicht nicht doch wieder andere Akzente setzen, wenn es uns auch manchmal schwer fallen sollte? Ich bin der überzeugung, dass unser überliefertes Brauchtum uns dabei durchaus helfen kann. Wir werden glaubwürdiger vor manchem Jagdkritiker, sofern er noch in der Lage ist, sich auf einen wirklichen Dialog einzulassen, was Ideologen selten gelingt.

Warum nehme ich mir nicht die Zeit für eine Totenwache? "Der Jäger erlebt in Gedanken noch einmal alle Pirschgänge, die er dem erlegten Stück gewidmet hat. Im Geiste sieht er noch einmal all das Interessante und Schöne, was er erlebte um dieses Wild. Es ist eine Stunde der Einkehr mit sich selbst, wenn das Auge voll Freude und Stolz auf dem Wild ruht. Aber eine solche Totenwacht ist nur dann stilvoll, wenn das Stück sauber aufgebrochen, das Gescheide ordentlich beseitigt und das Stück gerecht gestreckt und verbrochen ist." (Walter Frevert) Bei Gesellschaftsjagden ist die Unsicherheit vieler Schützen beim Strecke legen eigentlich nicht nötig. Ist das Wild auf einer sauber mit Zweigen vorbereiteten Fläche gelegt (was auch bei schlechtem Wetter möglichst nicht im Schlamm geschehen sollte - schon aus hygienischen Gründen!), dann laufe ich nicht mehr über das Wild und zwischen der Strecke herum. Beim Verblasen der Strecke stehen nach Frevert der Jagdleiter und die Schützen vor der Strecke. Die Bläser stehen hinter der Strecke und hinter den Bläsern die Treiber und die Hundeführer. "Nachdem die Strecke gelegt ist und alles seinen Platz eingenommen hat, kann das Zeremoniell des Verblasens - es muss zu einem bewusst feierlichen Akt gestaltet werden - beginnen." (Frevert) Nach Frevert wird zunächst das Totsignal geblasen und dann die Schützenbrüche überreicht. Er empfiehlt, die Kopfbedeckung nur beim Signal "Halali" abzunehmen. "Wer sich nicht sicher ist, wie er sich verhalten soll, richte sich danach, wie der Jagdleiter seine Achtung dem gestreckten Wild gegenüber entbietet."

Ein für unsere Breiten neues Brauchtum ist die Hubertusmesse, denn in vergangenen Zeiten durfte dies hier nicht gepflegt werden. Es war den allermeisten Jägern unbekannt. Bei manchem Weidgenossen ist das so geblieben. Ich glaube, dass man diesen Brauch durchaus mit vollziehen kann, auch wenn man kein Christ ist. Gibt sie doch Gelegenheit, das Verhalten dem Wild und der Natur gegenüber vor der Jagd nochmals zu überdenken und in größeren Zusammenhängen zu sehen. Ein Christ weiß sich zudem vor Gott für sein Handeln verantwortlich. Auch das Mühen der Bläser um die Gestaltung der Hubertusmesse sollte von den Mitjägern geachtet werden. Sicher spricht nicht es für den Weidgenossen, wenn er zu einer Jagd, die mit einer Hubertusmesse beginnt, eingeladen ist und er in der Zeit des Gottesdienstes vor der Kirche bleibt, um eventuell noch unbemerkt vom Jagdleiter den Flachmann kreisen zu lassen. Von Wertschätzung dem Einladenden und der Jagd gegenüber zeugt es jedenfalls nicht.

"Viele neue Begriffe für die Jagdpraxis gibt es heute und viele fühlen sich dazu berufen, sich auf der jagdlichen Plattform zu profilieren. Altbewährtes gelangt zu schnell ins Abseits und wandert in den Papierkorb. Es wird von Wildtiermonitoring, von Jagdmanagement und was auch immer gesprochen. Alles muss einen hohen, für den Normaljäger kaum mehr verständlichen, wissenschaftlichen Anstrich besitzen und möglichst Fachkompetenz ausstrahlen. Nicht immer taugen diese Ergüsse für die Praxis. Natürlich muss sich die Bejagung unseres Wildes den neuen Gegebenheiten anpassen. Die Wildschadenssituation auf den großen zusammenhängenden Feldfluren hängt über vielen Jagdpächtern wie ein drohendes Schwert und die zunehmenden Freizeitaktivitäten der Bevölkerung tragen auch nicht zu der vom Wild benötigten Ruhe bei. Die Ursachen für all diese Veränderungen sind beim Menschen zu finden und aus diesem Grund tragen auch wir die Verantwortung für ein maßvolles, behutsames Umgehen mit unserem Wild als Bestandteil der Natur."  (Dr. Horst Borrmeister in "Weidmannsheil mit Büchse & Hund")

Ich glaube, dass ein bewusst und lebendig gepflegtes Brauchtum uns zu diesem verantwortungsvollen Umgang verhilft und sogar die Freude am Weidwerk vertieft.

Weidmannsheil
U.Schade